Ich möchte Sie an dieser Stelle nicht langweilen, halte es jedoch für notwendig, den Begriff Augentraining zu erklären, abzugrenzen und daraus folgend aufzuzeigen, wann ein Augentraining für Sie, bzw. Ihre Kinder, sinnvoll ist oder auch nicht.
Augentraining oder Visualtraining
Der Begriff Augentraining ist eine sehr kontrovers diskutierte Bezeichnung. Sie suggeriert, dass es einzig um das Training der Augenmuskulatur ginge, um auf diese Weise Fehlsichtigkeiten zu korrigieren. Dabei wird die Komplexität des Sehvorganges außer Acht gelassen und die eigentliche Visualisation überhaupt nicht einbezogen. Bei weitem angebrachter wäre die Bezeichnung Visualtraining, als Teil der Funktionaloptometrie.
Die Funktionaloptometrie ist eine Fachwissenschaft, die sich als Teildisziplin der Fachbereiche Augenoptik und Optometrie versteht. Die Wissenschaftliche Vereinigung für Augenoptik und Optometrie WVAO beschreibt den Schwerpunkt der Funktionaloptometrie in der Auseinandersetzung mit Funktionsstörungen, die bei gesunden Augen, aufgrund eines falschen Sehverhaltens oder einer fehlerhaften Sehentwicklung auftreten und zu Problemen der visuellen Wahrnehmung führen können.
Wie komplex die visuelle Wahrnehmung ist, zeigt bereits 1688 der irische Philosoph William Molyneux auf. Er stellte die Frage, ob ein von Geburt blinder Mensch, der plötzlich sehen könnte, in der Lage wäre, Würfel und Kugeln durch das bloße Betrachten voneinander zu unterscheiden. Dabei geht er davon aus, dass Würfel und Kugel bereits durch den Tastsinn unterschieden werden konnten. Heute weiss man durch Fälle wie Mike May, dass dem nicht so ist. Denn die Visualisation, bei der man sich vom betrachteten Gegenstand ein Bild macht, ist ein kognitiver Prozess. Diesem kognitiven Prozess gehen die durch den Begriff Augentraining in den Vordergrund gestellten Fähigkeiten Augenbewegung, Vergenzen und Akkommodation voraus.
Zur Orientierung: Wo bin ich? -> Augenbewegung
Zur Fixation: Wo ist es? -> Vergenzen
Zum scharf stellen: Was ist es? -> Akkommodation
Sehen, ein komplexes Zusammenspiel aus Augenbewegung, Vergenzen, Akkommodation und Visualisation
Augenbewegung
Ist eine gleichmäßig, fließende Augenbewegung nicht möglich, beispielsweise durch Störungen in der kindlichen Entwicklung oder späteren Einflüssen, kommt es zwangsläufig zu Defiziten in der visuellen Wahrnehmung. Ein für das Lesen mit Sinnerfassung erforderliches „Einscannen“ des Textes ist dadurch nicht mehr gegeben.
Ein Beispiel für einen möglichen Seheindruck:
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Vergenzen
Mängel in der Fixation lassen eine ausreichende Konvergenz/Divergenz, das exakte nach innen bzw. außen drehen der Augen nicht oder nur bedingt zu. Die Folge sind Beschwerden, wie schnelle Ermüdung oder kurzzeitiges Doppelsehen.
Akkommodation
Die Einstellungen der Augen auf verschiedene Entfernungen, ist durch ihre Kopplung an Divergenz und Konvergenz immer auch von deren Leistungsfähigkeit abhängig.
Visualisation
Ist durch eine mangelhafte visuelle Wahrnehmung z. B. das Lesen beeinträchtigt, so sind die erlernten Erfahrungsmuster im Gehirn entsprechend bruchstückhaft. Die Folge ist eine reduzierte Sinnerfassung beim Lesen. Ebenso wirken sich solche Defizite z.B. beim Sport oder im Straßenverkehr aus. Geschwindigkeit und Bewegungsrichtung können nicht schnell genug eingeschätzt werden. Ob Tennisspieler, Rennfahrer, Schüler oder Informatiker, Menschen mit reduzierter visueller Leistungsfähigkeit kommen, sofern das Sehen für ihre Tätigkeit eine wichtige Rolle spielt, über ein bestimmtest Mass an Erfolg nicht hinaus.
Die bisherigen Ausführungen haben Ihnen gezeigt, wie komplex die visuelle Wahrnehmung ist. Darüber hinaus zeigt die Darstellung, dass der Begriff Augentraining wohl populistisch, aber auch irreführend und unangebracht ist. In der Funktionaloptometrie wird das Trainingsprogramm daher als optometrisches Visualtraining bezeichnet.
Optometrisches Visualtraining
Das optometrische Visualtraining ist ein individuell auf Sie abgestimmtes Trainingsprogramm. In einer umfangreichen, ganzheitlichen Sehanalyse wird ein bestehendes Defizit exakt analysiert. Darauf basierend wird ein Übungsplan erstellt, der bestehende Defizite „aufarbeitet“. Als ganzheitliche Optikerin wird mein Augentraining immer von Übungen begleitet, die bestehende Spannungen lösen. Die Erfahrung zeigt mir, dass Verbesserungen der visuellen Wahrnehmung so oft schon in kürzester Zeit erzielt werden.
Sie möchten wissen, ob ein Augentraining in Ihrem Fall hilfreich ist? Dann rufen Siemich bitte an und vereinbaren einen Termin.